Library of Artistic Print on Demand -

Drei Ausgaben aus der Serie "Dear Lulu, Please try and print these line, colour, pattern, format, texture and typography tests for us" von James Goggin, Frank Philippin und Studierenden des Fachbereichs Gestaltung der Hochschule Darmstadt (2008). Foto: Andreas Bülhoff.

Installationsansicht, Library of Artistic Print on Demand, Leseraum, VS, 2024, Foto: © Jann Averwerser

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Print-on-Demand hat die Welt der Bücher revolutioniert: Seit Anfang des Jahrtausends treffen immer bessere und günstigere Digitaldruckverfahren auf die Möglichkeiten des globalen Online-Handels. Daraus entsteht eine Produktionsmethode, bei der Bücher nicht mehr auf Vorrat vervielfältigt werden. Sie werden erst gedruckt, wenn konkreter Bedarf besteht: „on demand“, also auf Nachfrage. 
Digitale Plattformen wie Kindle Direct Publishing, Blurb oder Lulu prägen aktuell die Produktion von Books-on-Demand im Selfpublishing-Segment. So wird es prinzipiell allen ermöglicht, ihre Arbeiten sofort und weltweit zu publizieren, ohne dafür auf einen Verlag angewiesen zu sein und ohne große finanzielle Risiken eingehen zu müssen. Die Bücher lassen sich mit wenigen Klicks erstellen und in den globalen Buchhandel einspeisen. Dies eröffnet einen Raum voller Möglichkeiten jenseits des klassischen Buchmarkts und trägt zur Demokratisierung der Produktion bei. Dabei werden etablierte Gatekeeper umgangen und alte Wertzuschreibungen aufgehoben; zugleich entstehen aber neue Abhängigkeiten, etwa von den Plattformen und deren Vorgaben und Interessen. 
Vielfach beklagt wird auch der inhaltliche Qualitätsverlust, wenn alle alles drucken können. Zudem sind Digitaldruck und Bindung häufig nicht hochwertig, und die Fehlerquote in der vollautomatisierten Produktion ist recht hoch. Im Gegenzug ermöglichen die Print-on-Demand-Plattformen Teilhabe und Experiment und öffnen das Buch für neue Anwendungs- und Denkbereiche. Diese Dynamik hat eine lebendige Subkultur im Bereich künstlerischen Publizierens entstehen lassen, die das Medium Buch auf der Suche nach möglichen Inhalten, Ästhetiken, Materialitäten, Ökonomien und Öffentlichkeiten neu auslotet, gleichzeitig unsere digitale Gegenwart kritisch hinterfragt und verhandelt. 
Die Bücher zeigen, wie sich diese innovativen Produktions- und Publikationsbedingungen kreativ nutzen lassen, dabei aber auch explorativ eingesetzt und differenziert reflektiert werden. Zugleich demonstrieren sie die ungebrochene Strahlkraft und Relevanz des gedruckten Buchs.

Kontext

Die „Library of Artistic Print on Demand“ kartografiert mit 244 Titeln erstmals dieses Experimentierfeld. Sie erkundet dessen globale Verbreitung, historische Tiefe und politische Relevanz. Alle Publikationen sind in einem Webarchiv umfassend dokumentiert zugänglich. Seit 2024 werden all diese Bücher von der Bayerischen Staatsbibliothek (Künstlerbuchsammlung) in physischer Form bewahrt und können dort im Lesesaal eingesehen werden. Ein umfassender Katalog mit Aufsätzen von Personen aus Theorie und Praxis erscheint bei Spector Books, Leipzig.

Die „Library of Artistic Print on Demand“ geht auf ein Forschungsprojekt von Annette Gilbert und Andreas Bülhoff an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zurück (2019–2022). Es wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Die Auswahl der über 110 hier versammelten und einsehbaren Bücher kuratierte Annette Gilbert. In jedem Exemplar befinden sich Zettel mit der Beschreibung des jeweiligen Projekts auf Deutsch und Englisch.

Weitere Informationen finden Sie auf www.apod.li einsehbar.

Beteiligte Künstler*innen

0x0a, Åbäke, ABC (Artists’ Books Cooperative), Hartmut Abendschein, Greg Allen, AND Publishing, Anonymous, Hannes Bajohr, Nanni Balestrini, Hester Barnard, Fred Benenson, Olivier Bertrand, Christian Bök, Mimi Cabell, Étienne Candel, Francesca Capone, Giulia Ciliberto, Paolo Cirio, Albert Coers, Felipe Cussen, Kris De Decker, Alexia de Visscher, Eric Doeringer, Karen ann Donnachie, Geraint Edwards, Jasper Otto Eisenecker, Ben Fry, Gauss PDF, Angela Genusa, James Goggin, Mishka Henner, Elaine W. Ho, David Horvitz, Jason Huff, Intern, Jason Jadick, Marina Kampka, Jean Keller, Dagmara Kraus, Paul Laidler, Maxime Le Bon, Joyce S. Lee, Silvio Lorusso, Nicolas Maigret, Michael Mandiberg, Michael Maranda, Holly Melgard, Luca Messarra, Joseph Mosconi, NUPoD2017 Collective, Julian Palacz, Beatrix Pang, Kathrin Passig, Frank Philippin, Michalis Pichler, Vanessa Place, Jake Reber, Aaron A. Reed, Maria Roszkowska, paula roush, Rafaël Rozendaal, Zoë Sadokierski, Joachim Schmid, Sebastian Schmieg, Andy Simionato, Danny Snelson, Paul Soulellis, Mark Staniforth, Students of the faculty of Design at the University of Applied Sciences Darmstadt, Isabelle Sully, Surfaces Utiles, Stephanie Syjuco, Chris Sylvester, Kyndal Thomas, Elisabeth Tonnard, Troll Thread, Ubermorgen, Undocumented Press, Stéphanie Vilayphiou, Angie Waller, Thomas Walskaar, Barron Webster, Gregor Weichbrodt, Yin Yin Wong, Joey Yearous-Algozin, Hermann Zschiegner, Erin Zwaska.