Marinella SenatoreWe Rise by Lifting Others -

Marinella Senatore, The School of Narrative Dance Venice, 2015, Courtesy the artist und Creative Time, New York City, Foto: Andrea Samonà

Marinella Senatore (*1977) ist eine zentrale Figur der italienischen Gegenwartskunst. Mit ihren Projekten schafft sie Orte, an denen Menschen gemeinsam etwas entwickeln und ihre Kreativität entfalten können. Nach der Tradition der griechischen Agora, des römischen Forums oder des örtlichen Hauptplatzes stellt die Künstlerin Rahmenbedingungen her, um diese Begegnungen zu initiieren und zu begleiten. Ihre Kunst schafft Öffentlichkeit. Sie kanalisiert zwischenmenschliche Energie, um eine Gemeinschaft zu stiften, die das Kunstprojekt zur identitätsbildenden Grundlage macht. Zusammen werden Filme gedreht, Radiobeiträge verfasst und Tanzaufführungen vorbereitet. Wenn die Künstlerin über ihre Arbeit spricht, zählt sie allerdings nicht die entstandenen Werke auf, sondern die Mitwirkenden: Inzwischen sind es mehr als sieben Millionen Menschen.

Marinella Senatore, Protest Forms: Memory and Celebration, 2019, Marinella Senatore © 2022
Marinella Senatore: Assembly, 2021, Installationsansicht Battersea Power Station, London, 2022. Courtesy: Marinella Senatore und Mazzoleni, London - Torino. Foto: Charlie Round-Turner
Marinella Senatore, Make it Shine, 2021. Courtesy: Marinella Senatore und Mazzoleni, London - Torino
Marinella Senatore, Bodies in Alliance, 2021, Installationsansicht SIAL School and Association of Ukrainians in Great Britain, London, 2022. Courtesy: Marinella Senatore und Mazzoleni, London/Torino. Foto: Lukasz - FOIfilms
Performance 'Marinella Senatore. Afterglow', Battersea Power Station, 9. Juni 2022. Courtesy: Marinella Senatore und Mazzoleni, London - Torino. Foto: Christina Almeida
Marinella Senatore, It's Time to Go Back to the Street, 2019, Courtesy the artist, Mazzoleni, London – Torino
Performance 'Marinella Senatore. Afterglow', Battersea Power Station, 9. Juni 2022. Courtesy: Marinella Senatore und Mazzoleni, London - Torino. Foto: Christina Almeida

Eine Ausstellung in zwei Kapiteln

Neben den prozessual angelegten Projekten, die als partizipative Installation oder Aktion im öffentlichen Raum konzipiert sind, umfasst ihr Werk zum Teil kollaborativ entstandene Zeichnungen, Collagen, Fotografien, Textilien, Fotografien, Soundkompositionen, Filme, Malereien, kleine Skulpturen und in jüngerer Zeit Lichtinstallationen, sogenannte „Luminarie“. Die einzelnen Arbeiten stehen im Zusammenhang mit den großen partizipativen Projekten. Literarische, philosophische und politische Parolen, die Mitwirkende bei den Treffen einbringen, ergänzen sich, während sie ihr Bedeutungspotenzial durch einen neuen Kontext erweitern: We Rise by Lifting Others ist zu einer Absichtserklärung geworden.

Das Museum VILLA STUCK veranstaltet in Kooperation mit dem Museum der Moderne Salzburg und der Sammlung Generali Foundation die bisher größte Ausstellung der Künstlerin als ein Projekt in zwei Kapiteln, die an beiden Städten zur gleichen Zeit zu sehen sind. Beide Präsentationen ergänzen sich und bieten einen Überblick über die gesamte Bandbreite von Senatores Werk. Fragen nach der Spannung zwischen Individuum und Kollektiv, nach Sehnsüchten und Zugehörigkeit, nach gesellschaftspolitischer Exklusion und alternativen Organisationsformen werden ebenso erörtert wie das transformative Potenzial der Kunst.

The School of Narrative Dance

Bereits seit über zehn Jahren wird „The School of Narrative Dance“ weltweit aufgeführt: Das ist auch in München ein zentraler Bestandteil des Ausstellungsprojekts von Marinella Senatore. Am Anfang steht immer ein öffentlicher Aufruf. Die Künstlerin sucht Menschen jeden Alters und Hintergrunds und sie lädt gezielt Gruppen ein, die selten auf dem Radar der Kulturinstitutionen sind oder um soziale Anerkennung kämpfen müssen. Dadurch lenkt sie die Bahnen der öffentlichen Aufmerksamkeit auf Menschen, die jenseits der Spielregeln heteronormativer Gesellschaften stehen. Diese offene, allen zugängliche „Schule“ besteht aus verschiedenen Workshops, die sich um Musik, Tanz, Parkour, Storytelling, und vieles mehr drehen. In intensiven Prozessen tritt die Künstlerin in eine Auseinandersetzung mit Kollektiven und Einzelpersonen: Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Fähigkeiten, die Lust haben zu performen, zu tanzen, zu singen und zu inszenieren. Menschen, die sich auf einen Prozess des choreographischen Erzählens einlassen wollen, die sich in nicht hierarchischen Lernprozessen mit Worten und Körpern gegenseitig etwas beibringen. Es sind Amateur*innen und es sind Profis, die ihr Wissen und ihre Fähigkeiten einbringen und vermitteln wollen. Menschen mit mehr oder weniger Chancen im bürgerlichen Kunstbetrieb.

Kuratorin München: Helena Pereña
Kurator Salzburg: Jürgen Tabor

Ausstellungsorganisation München: Sara Kühner
Projektmanagement The School of Narrative Dance München: Barbara Donaubauer, Anne Marr