Efrat Natan / Nahum Tevet -

Efrat Natan, Wind Rose (Metzer-Messer Project), 1972, Sammlung der Künstlerin, Foto: Dov Or-Ner

Mit Unterstützung des artis grant program

Das Museum Villa Stuck zeigt als erste Institution die Künstler Efrat Natan und Nahum Tevet in einer Gegenüberstellung. Beide begannen ihre Karriere in den 1970er Jahren und sind bis heute wichtige Figuren in der Kunstlandschaft Israels. Eine lange künstlerische Freundschaft, die sich in einer gemeinsamen Performance im Jahr 1972 zum ersten Mal konkretisierte, verbindet die Künstler.

In differenzierten Werken vereinen sie Ansätze der Konzeptkunst mit einer neuen, einfachen Materialästhetik. Während Efrat Natan biografische Erinnerungen zu einer poetischen Formensprache verdichtet, untersucht Nahum Tevet in oft monumentalen Rauminstallationen Inhalte moderner Kunst sowie persönlicher Erfahrungen, welche die Bedeutung von Raum und alltäglichen Objekten umfassen. In der Ausstellung werden Frühwerke und Dokumente von ersten gemeinsamen Aktionen zusammen mit jüngeren Arbeiten präsentiert.

Efrat Natan (geb. 1947 im Kibbuz Kfar Ruppin, lebt und arbeitet in Tel Aviv) setzt sich in ihrem gesamten Schaffen mit ihrer Kindheit im Kibbuz auseinander. Das Aufwachsen in der Gemeinschaft, in der kollektives Eigentum und Gleichheit vermittelt und gelebt werden, übersetzt Natan in verdichtete Zeichen, die Erfahrungen und Werte symbolisieren. Das Werkpaar »An Undershirt in the Window in Memory of My Father« und »An Undershirt in the Window in Memory of Myself« aus dem Jahr 1995 zeigt jeweils ein Unterhemd hinter einem Fliegengitter. Durch Größe und umgekehrte Aufhängung wird es zum poetischen Symbol der Vater-Tochter-Beziehung, zu einem tiefsinnigen Porträt eines vergangenen Ich. Natan eignet sich Materialien oft durch eine starke Körperlichkeit an; sie dreht, reißt und zerrt an Stoffen bis sie unkenntlich werden. Ihre Werke zeichnet eine elementare, fast archetypische Formensprache aus, die eine poetisch-konzeptuelle und emotionale Qualität besitzt.

Die Frage nach Bedeutung und Funktion von Malerei, die an einem Ort verhaftet ist, ist Ausgangspunkt des künstlerischen Schaffens von Nahum Tevet (geb. 1946 im Kibbuz Messilot, lebt und arbeitet in Tel Aviv). Seine Werke stehen in der Tradition der Konzeptkunst und der Minimal Art. Tevet verwendet einfache, alltägliche Materialien wie Sperrholz oder Klebestreifen, um die Grenze zwischen Kunst und realem Leben zu hinterfragen. In den 1970er Jahren setzte er dieses Anliegen in seinen »Works on Glass« (1972–1975) um. Das Glas des Rahmens, welches das Kunstobjekt schützen soll, wird zum Objekt der Betrachtung transformiert – eine radikale Geste, die den Einfluss von Marcel Duchamp und Robert Rauschenberg belegt. In seinem Hauptwerk »Seven Walks« (1997–2004) verbinden sich Farbe (Malerei) und Form (Skulptur) zu einem Ensemble, das durch den Betrachter aktiviert wird und dadurch die Position des Betrachters im Raum auch im übertragenen Sinn hinterfragt.

So unterschiedlich die ästhetische Erscheinung der Werke der beiden Künstler ist, findet man doch eine formelle Übereinstimmung, da Natan wie Tevet Elemente und Materialien des Alltagslebens einbeziehen. Natans persönliche Mythologien und Tevets Untersuchungen vom Verhältnis des Individuums zum Raum öffnen die Auseinandersetzung hin zu Fragen nach gesellschaftlichen Werten.

Über Efrat Natan und Nahum Tevet

Efrat Natan

geboren 1947 im Kibbuz Kfar Ruppin, lebt und arbeitet in Tel Aviv, Israel. Kunstsstudium am Avni Institut und in der freien Klasse bei Raffi Lavie (1968–1971). Kuratorin am Youth Wing des Israel Museums, Jerusalem (1986–2008).

Einzelausstellungen (Auswahl): Efrat Natan: Whitewash and Tar, The Israel Museum, Jerusalem (2016), Wall Work 1: Tent, The Israel Museum, Jerusalem (2011), Summer in Winter, Rosenfeld Gallery, Tel Aviv (2007), Winds, The Kibbutz Gallery, Tel Aviv (2002)

Gruppenaustellungen (Auswahl): Behold the Man: Jesus in Israeli Art, The Israel Museum, Jerusalem (2016), A Brief History of Humankind – from the Collection, The Israel Museum, Jerusalem (2015), The new Hebrews: A Century of Art in Israel, Martin Gropius Bau, Berlin (2005), Togetherness, Tel Aviv Museum of Art (2005), Five Young Artists, the Kibbutz Gallery, Tel Aviv (1974).

Nahum Tevet

geboren 1946 im Kibbuz Messilot, lebt und arbeitet in Tel Aviv, Israel. Freies Kunststudium bei Raffi Lavie (1969–1970). Professor an der Kunstakademie, Bezalel Academy of Art and Design, Jerusalem (1980–2013).

Zahlreiche Einzelausstellungen, darunter: Works on Glass 1972–1975, Museum Sztuki, Lodz (2017) und Hunter College, New York (2016), Museo d’Arte Contemporanea Roma (2008), Works 1994–2006, The Israel Museum, Jerusalem (2007), Nahum Tevet: Opening Moves , Museum moderner Kunst Stif­tung Ludwig Wien (1997); Nahum Tevet: Painting Lessons, Sculptures 1984–1990, Tel Aviv Museum of Art (1991); Galerie Schmela, Düsseldorf (1978 und 1975), Works 74–76, The Israel Museum, Jerusa­lem (1976)

Gruppenausstellungen (Auswahl): The Rough Law of Gardens: Olaf Holzapfel/Nahum Tevet, Kunstmu­seum Bochum, Germany and Mishkan Museum of Art, Ein Harod (2015), Individual Systems, Biennale di Venezia (2003), Carnegie International, Carnegie Museum of Art, Pittsburgh, (1999/2000), Biennale d’art contemporain, Lyon (1997), Bienal de São Paulo, Brasilien (1994), Documenta 8, Kassel (1987).