Frederic, Lord LeightonMaler und Bildhauer der viktorianischen Zeit -

Frederic, Lord Leighton: Orpheus and Eurydice, um 1864, Öl auf Leinwand, Leighton House Museum, London "But give them me - the mouth, the eyes, the brows" (Browning)

Frederic, Lord Leighton (1830–1896) war englischer Maler, Bildhauer und Zeichner des viktorianischen Neoklassizismus und genoss in seiner Zeit als Künstler und Kosmopolit außerordentliches Prestige. Er studierte in Berlin, Florenz, Rom und Paris sowie zwischen 1846 und 1850 am Frankfurter Städel, dort 1850-52 bei Eduard Jakob von Steinle. Seine Komposition Cimabues berühmte Madonna wird 1851 in einer Prozession durch die Straßen von Florenz getragen, 1851 begonnen, wird 1855 in der Royal Academy als Sensation präsentiert. Sie wurde von Queen Victoria erworben und begründete seinen Ruf als bedeutender Künstler. 1868 zum Mitglied der Royal Academy ernannt, wurde er zehn Jahre später deren Präsident und förderte wichtige zeitgenössische Künstler Englands. In den Jahrzehnten seiner Präsidentschaft erwarb die Royal Academy höchstes Ansehen und großen Erfolg. 1896 wurde Leighton als erstem Künstler Englands der Titel »Baron Leighton of Stretton« verliehen.

Leightons Weltläufigkeit und ästhetischer Anspruch spiegeln sich in seiner Malerei wider. Nach Künstlerviten der Frührenaissance, historischen und biblischen Themen, galt Leightons Interesse seit den 1860er Jahren der griechischen Antike. Daneben entstanden Porträts, sowie, auf ausgedehnten Studienreisen durch Südeuropa und den Nahen Osten, Architektur- und Landschaftsstudien.

Leightons Malerei vereint Einflüsse der englischen Präraffaeliten, Venezianischer Renaissancemeister, deutscher Nazarener und französischer Klassizisten. Zu den Höhepunkten seines Schaffens gehören höchst aufwendige Gemäldekompositionen, poetische Visionen, meist mythologische Szenen und antike Figuren, geprägt von Sinnlichkeit, brillanter Farbigkeit und Lichtführung. Die Ausstellung zeigt Gemälde, Skulpturen, Ölskizzen, Zeichnungen und Landschaftsstudien aus allen Schaffensperioden Frederic Leightons.

1866 bezog Leighton sein von dem Architekten George Aitchison entworfenes Haus in London, das so genannte Leighton House. Es lag in der Nähe von George Frederic Watts' Haus im Holland Park, einem Gebiet, das bald als Künstlerkolonie legendär wurde. In seiner Konzeption als Künstlerhaus ist es vergleichbar mit der Villa Stuck in München. 1877 wurde es durch die berühmte »Arab Hall« erweitert und zeigt, wie Leightons Malerei, stark orientalistische Einflüsse. Das Leigthon House zählt zu den bedeutendsten Künstlerhäusern des ausgehenden 19. Jahrhunderts. In der Ausstellung sind Architekturentwürfe und historische Fotografien eines der wenigen in England heute noch erhaltenen »studio houses« zu sehen.

Mit der Ausstellung, die insgesamt ca. 80 Exponate umfasst, und der dazu erscheinenden Publikation präsentiert das Museum Villa Stuck als erste Institution auf dem Kontinent das Werk Frederic, Lord Leightons. Die Präsentation zeigt Hauptwerke aus der Sammlung des Leighton House Museums, ergänzt um wichtige Leihgaben aus Deutschland und England.

Die 2009 stattfindende umfassende Renovierung des Hauses im Holland Park von Kensington erlaubt es, dass maßgebliche Werke aus der Sammlung des Leighton House Museums in München gezeigt werden. Sie werden ergänzt durch Leihgaben folgender Provenienz: Blackburn Museum & Art Gallery; The Fitzwilliam Museum, University of Cambridge; East Ayrshire Council Arts and Museums; Leicester Arts and Museums Service; Royal Institute of Britsh Architects, London; Städel Museum Frankfurt.

Biographie

1830 Frederic Leighton wird am 3. Dezember in der Brunswick Terrace 13, Scarborough (Yorkshire), als zweites Kind von Dr. Frederic Septimus Leighton und Augusta Susan Nash geboren.

1839 Die Familie reist nach Paris und besichtigt dort auch das Atelier des Stilllebenmalers George Lance.

1840 Die Mutter erleidet ein rheumatisches Fieber. Ihrer Gesundheit zuliebe unternimmt die Familie von nun an regelmäßig lange Reisen auf den europäischen Kontinent. Sie besuchen Rom, wo Leighton Zeichenunterricht bei Francesco Meli erhält. Die Familie kehrt für den Winter 1840/41 nach London zurück, dort kann Frederic Leighton weiter zur Schule gehen.

1841 Die Familie bereist Deutschland, die Schweiz und Italien. Leighton erhält Kunstunterricht in Florenz und fertigt Zeichnungen nach der Natur. Er besucht die Museen verschiedener Städte und lernt Deutsch.

1842 In London besucht Frederic wieder die University College School. Später im Jahr kehrt die Familie nach Deutschland zurück; im Laufe des Winters 1843/44 schreibt Leighton sich an der Berliner Kunstakademie ein.

1843 Die Familie besucht München und lässt sich dann in Frankfurt nieder, wo sie bis 1845 bleibt. Leighton besucht die Akademie Stellwag in der Hochstraße.

1845 Die Leightons übersiedeln nach Florenz. Der amerikanische Bildhauer Hiram Powers spricht sich bei Dr. Leighton dafür aus, den Sohn Künstler werden zu lassen. Dieser schreibt sich an der Accademia di Belle Arti in Florenz ein.

1846 Im Frühsommer kehrt die Familie nach Deutschland zurück. Der Vater Leightons erwirbt ein großes Haus in Frankfurt, wo sie bis 1853 leben. Im Oktober wird er Student am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt, damals unter der Leitung des Nazareners Philipp Veit.

1847 Im Frühjahr rückt Leighton in die zweite Klasse am Städelschen Kunstinstitut auf, er zeichnet nach der Natur und wird vom Landschaftsmaler Jacob Becker unterrichtet.

1848 Die politischen Umbrüche von 1848 vertreiben die Familie aus Frankfurt; sie zieht sich zunächst nach Brüssel zurück, wo Leighton sich ein Atelier einrichtet und Kontakt zu Künstlern wie Antoine Wiertz und Louis Gallait aufnimmt.

1849 Leighton reist mit seiner Familie nach Paris, wo er mehrere Monate verbringt. Er besucht das Atelier von Alexandre Dupuis und studiert und kopiert Gemälde im Louvre.

1850 Leighton stellt in Frankfurt das in Brüssel begonnene Bild Cimabue Finding Giotto in the Fields of Florence (Cimabue begegnet Giotto in den Feldern um Florenz) aus. Er kehrt nach Frankfurt zurück und schreibt sich erneut am Städelschen Kunstinstitut ein, wo er die Bekanntschaft des neuen Direktors Edward von Steinle macht. Er steht auch in Kontakt mit Ernst Schalk und anderen Mitgliedern der Kronberger Landschaftsmaler­schule. Er unternimmt erste Versuche mit »Pleinair«-Landschaftsmotiven und schließt Freundschaft mit Enrico Gamba, einem Kunststudenten aus dem Piemont.

1852 Im Sommer unternimmt Leighton in Gesellschaft Steinles eine Reise rheinabwärts, im Stift Neuburg bei Heidelberg besichtigen sie die Sammlung Nazarenischer Kunst des im Jahr zuvor verstorbenen J. H. F. Schlosser. Leighton fährt über Tirol und Norditalien nach Verona, wo er Enrico Gamba trifft. Sie besuchen gemeinsam Venedig und reisen anschließend via Padua, Ferrara, Bologna, Ravenna, Florenz, Siena, Arezzo, Perugia, Assisi und Spoleto nach Rom. Leighton nimmt sich ein Atelier an der Via della Purificazione. Durch Steinles Empfehlung macht er die Bekanntschaft Peter Cornelius’ und Johann Friedrich Overbecks, die in Rom arbeiten.

1853 Erste Begegnung mit den Malern George Heming Mason und Giovanni Costa. Beginn der langjährigen intensiven Freundschaft mit Adelaide Sartoris. Ferner begegnet Leighton in Rom zusammen mit George Aitchison, der später sein Atelierhaus in London entwerfen wird. Es ist der letzte Sommer, den die Familie gemeinsam in Frankfurt verbringt. Leighton geht nach Berlin und Wien und reist über Venedig und Florenz zurück nach Rom.

1854 In Rom arbeitet Leighton in seinem neuen Atelier an der Via Felice an Cimabue’s Celebrated Madonna und Reconciliation of the Montagues and Capulets (Versöhnung der Familien Montague und Capulet). Durch Adelaide Sartoris lernt er den Dichter Robert Browning kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden wird.

1855 Reise zur Weltausstellung in Paris, auf der Leightons Reconciliation of the Montagues and Capulets gezeigt wird. Weiterreise nach London, wo Cimabue’s Celebrated Madonna in der Royal Academy ausgestellt und auf Empfehlung Prince Alberts von Queen Victoria erworben wird. Künstlerischer Durchbruch. Leighton zieht für drei Jahre nach Paris, wo er in einem Atelier in der rue Pigalle 21 arbeitet. Er kommt in Kontakt mit den Malern Ernest Hébert, Antoine-Alphonse Montfort, Henri Robert-Fleury, Henry und Ary Scheffer und begegnet Jean-Auguste-Dominique Ingres.

1858 Leighton bezieht in London ein Atelier und nimmt Kontakt zu einem weiteren Kreis englischer Künstler auf, darunter auch den Präraffaeliten. Er tritt dem Hogarth Club bei, einer im selben Jahr gegründeten fortschrittlichen Kunstgesellschaft und Räumlichkeit für improvisierte Ausstellungen. In Rom malt er an einer Porträtserie von Nanna Risi, der späteren Geliebten Anselm Feuerbachs. Leighton erhält Besuch vom Prince of Wales.

1859 Leighton bezieht ein Haus mit Atelier am Orme Square 2.

1860 Veröffentlichung von Leightons Illustrationen zu Elizabeth Barrett Brownings Gedicht "The Great God Pan“ im Cornhill Magazine. John Ruskin sieht und bewundert A Lemon Tree bei der Ausstellung im Hogarth Club.

1864 Leighton wird im Sommer zum außerordentlichen Mitglied der Royal Academy gewählt, möglicherweise auch aufgrund des Erfolgs seiner beiden im selben Jahr ausgestellten Werke Golden Hours (Goldene Stunden) und Dante in Exile (Dante im Exil). Er beauftragt George Aitchison mit dem Bau des Hauses in der Holland Park Road.

1866 Leighton besucht Spanien, fertigt Skizzen von Gebäuden in Toledo, Sevilla und Córdoba. Bei seiner Rückkehr nach London bezieht er sein neues Haus, Holland Park Road 2.

1867 Reise nach Kleinasien und das östliche Mittelmeer, über Wien, entlang der Donau und weiter nach Konstantinopel, dann nach Brussa, Smyrna und Lindos auf Rhodos. Verweilt in Athen und erkundet die Akropolis. Rückkehr über Venedig.

1869 Leighton arbeitet in der Kommission zur Hängung der Sommerausstellung in der Royal Academy und wirkt an der Organisation der Winterausstellung der Royal Academy mit, die erstmals 1870 stattfindet und Werke lebender Künstler wie Alter Meister zeigt. Im Dezember erhält er eine Gastdozentur an der Royal Academy School, deren Struktur er später reformieren wird.

1877 Baubeginn der Arab Hall (Arabischer Saal) als Erweiterung seines Hauses, Architekt ist abermals George Aitchison.

1878 Leighton wird zum Präsidenten der Royal Academy gewählt, geadelt und erhält internationale Ehrungen.

1893 Leighton besucht im Oktober Deutschland und reist dann nach Perugia, wo er an seinem Akademievortrag arbeitet. Hält im Dezember seine achte und letzte Academy Address über deutsche Kunst.

1894 Verleihung der Goldmedaille durch das Royal Institute of Architects. Besuch der Wagner-Festspiele in Bayreuth. Arbeitet an seinem Wandgemälde Phoenicians Bartering with Ancient Britons (Phöniker beim Tauschhandel mit antiken Britanniern) für das Royal Exchange Building. Am 29. Oktober erleidet er einen ersten Anfall von Angina Pectoris.

1895 Leighton reist nach Nordafrika, hält sich in Tanger auf und besucht Tlemcen und Algier. In London bietet er seinen Rückzug von der Präsidentschaft der Academy an, was jedoch abgelehnt wird. Im Oktober bricht er nach Italien auf, besucht zum letzten Mal Venedig, Neapel, Rom, Siena und Florenz.

1896 Leighton wird in den Adelsstand erhoben und trägt nun als erster Künstler Englands den Titel Baron Leighton of Stretton. Am 25. Januar stirbt er in seinem Haus in London. Seine letzten überlieferten Worte lauten: »Give my love to all the Academy.« Frederic Lord Leightons Leichnam wird in den Octagon Room der Royal Academy überführt. Seine Bestattung findet in der St. Paul's Cathedral statt.