Heribert C. OttersbachHälfte des Lebens -

Heribert C. Ottersbach, Idylle und Abstraktion (Detail), 2006, Acryl auf Leinwand, 120 x 90 cm, Privatsammlung © VG Bild-Kunst, Bonn 2008

»Weniger ist nicht länger mehr.« (Heribert C. Ottersbach)

Die Ausstellung präsentiert einen umfassenden Einblick in das Werk des 1960 in Köln geborenen Künstlers. Arbeiten aus allen Schaffensperioden sowie die jüngst entstandenen Melancholia-Bilder verdeutlichen Ottersbachs herausragende Rolle in der zeitgenössischen Malerei. Die Ausstellung ist die erste umfassende Präsentation der Werke Heribert C. Ottersbachs in München. Ihren Schwerpunkt bilden die Arbeiten des Künstlers aus den Jahren zwischen 2002 und 2008, die er unter den Begriffen »Idylle« , »Melancholia« und »Pastorale« zusammengefasst hat.

Heribert C. Ottersbach zählt zu den profiliertesten deutschen Malern der Gegenwart. Im Mittelpunkt seines Werkes der vergangenen fünfzehn Jahre stehen dabei Fragen nach der Geschichte der Moderne, nach dem Stellenwert von Kunst und nach der Rolle des Künstlers im aktuellen gesellschaftlichen Kontext. Durch seine Malerei leistet der Künstler einen sehr spezifisch bildnerischen Beitrag zu Diskursen der Gegenwart. Ein wesentlicher Bestandteil seines Werkprozesses seit Anfang der 1990er Jahre ist dabei die Recherche in kulturgeschichtlichen und privaten Archiven, im Internet und anderen öffentlichen Medien. Aus diesem umfangreichen Bild-Fundus bedient sich der Künstler, wenn er am Computerbildschirm seine Motive komponiert und verschiedene Bildelemente in einen neuen räumlichen und inhaltlichen Zusammenhang setzt. Diese Techniken verweisen auf die »differentia specifica« der Malerei im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit. Das Ergebnis ist eine »synthetische Malerei« aus gefilteter objektiver Wirklichkeit und subjektiver Seherfahrung.

»Wenn die Malerei noch weiter im gesamtgesellschaftlichen Diskurs ernst genommen werden will, wenn sie sich nicht verabschieden will in eine büro-, versicherungs- oder sparkassengebäude-kompatible Dienstleistung, muss sie sich ihren Kanon neu erstellen.«

Zur Ausstellung

Den Auftakt der Ausstellung bildet das Diptychon »Epilog-Pop 68 89«, entstanden 2003. Seinerzeit als Abschluss des 26 Werke umfassenden Zyklus ECHTZEIT6889 gemalt, ist es heute eines der zentralen Bilder der vergangenen Jahre. Präzise und doch umfassend zeigt es exemplarisch die Themen und die motivische Annäherung in den Gemälden Ottersbachs. Hubertus Gaßner, Direktor der Kunsthalle Hamburg, schreibt über den ECHTZEIT-Zyklus: »Auch wenn in dem Werkzyklus ECHTZEIT6889 die historische Chronologie der Ereignisse durch die Verfahren der Gleichzeitigkeit, der Überblendung und der Rückblenden zumindest irritiert und korrigiert, wenn nicht gänzlich aufgegeben worden sind und die Sprünge in Raum und Zeit eher dem Zeitverlauf des Erinnerns und Träumens als dem historischen „So ist es gewesen“ zuzurechnen sind, bildet die Gemeinsamkeit der 26 doch keinen willkürlichen „Scherbenhaufen“, sondern folgt einer exakten Regie«.

Weitere Bilder aus den Jahren zwischen 2002 und 2006 vertiefen diesen Einblick in das malerische Moderne-Projekt des Künstlers: etwa »2 abstrakte Maler auf der Suche nach dem Konkreten«, 2002, »Pixelpark«, 2002, oder »Vermeers Schwester«, 2005. Historische Refenzen in den Werken Ottersbachs offenbaren den skeptischen Blick des Künstlers auf die Geschichte, aber auch auf das Konstrukt des Künstlers als »Heilsbringer der Moderne.« Arbeiten wie »Argonauten (II)«, 2005 wirken distanziert und sind trotz ihrer Gegenständlichkeit doch nur abstrakte Verweise auf die Ereignishaftigkeit der Bilder. Jason, Anführer der Argonauten, als Versinnbildlichung des Künstlers taucht in Ottersbachs Arbeiten immer wieder auf, doch stets ist er dem Scheitern näher als dem Erfolg.

Die Frage nach dem Selbstverständnis des Künstlers, dessen »kulturtherapeutischer Auftrag gescheitert ist« (Heribert C. Ottersbach), verdeutlichen auf dem Zwischengeschoss drei Arbeiten Ottersbachs. Und stehen zugleich für die Suche und – unerfüllten – Sehnsüchte des Künstlers: »Fahrt in die Zone (Stalker)«, »Jason im Glashaus«, 2003 oder »Don Quichotte«, 2003. Weitere Arbeiten leiten zum zentralen Thema der Ausstellung über: den »Idylle« und »Melancholia« Bildern aus den Jahren 2006 und 2007.

Das Obergeschoss des Ateliergebäudes besteht aus drei großen Themenblöcken. Den Anfang macht das Motiv des Waldspaziergangs, die Reihe wird dominiert durch das Werk »o.T. (großer Waldspaziergang)«, 2006. Hier zeigt sich die »fast magische Wirkung und enorme Sogkraft« der Naturmotive Ottersbachs. Die monochrome Farbgebung wird zum Hauptstimmungsträger, zartes Grau, Grau-Blau oder Sepia lenken den Blick auf die Komposition der teils monumental erscheinenden Werke (vgl. Text von Andrea Firmenich im Katalog).

Es folgt das Triptychon »Narrenschiff«, 2006, dessen Grundmotiv der Künstler auf drei neben einander stehenden Tafeln variiert: Figuren vor einer mit Reklametafeln fast verhüllten Fassade entstammen einer Aufnahme aus dem 2005 fast vollständig überschwemmten New Orleans. Ottersbach abstrahiert das konkrete Ereignis durch die Vervielfältigung der Darstellung und deren farbliche Variation. »Wie auch bei anderen Arbeiten durchziehen in unterschiedlicher Dominanz rechteckige, gedrungene oder lang gezogene Flächen wie Bildstörungen die Arbeiten. Diese visuellen Elemente der Irritation verhindern den unversehrten Blick auf das Motiv und beschädigen seinen Anspruch auf Absolutheit« (vgl. Text von Johannes Janssen im Katalog).

Der Raum endet mit sechs »Pastoralen« sowie den beiden Naturmotiven »Blow up«, 2006/07 und »o.T. (Quelle 2)«, 2007, beides Acryl auf Leinwand, der bevorzugten Technik des Künstlers.

Der letzte Ausstellungsraum zeigt neun großformatige Tusche-Zeichnungen. In technischer Perfektion orientieren sie sich an den großen Naturdarstellungen, bieten durch die spezielle Technik jedoch einen ganz eigenständigen Blick, der sich im tiefen Schwarz der Tusche verfängt.

Biographie des Künstlers

1960 geboren in Köln

1979–1983 Studium der Kunst, Germanistik und Philosophie (FHS und Uni Köln)

1982–1987 Atelier in der ehemaligen Stollwerckfabrik, Köln

1983–1985 Studienaufenthalte und Stipendien in Portugal, New York und Paris

1992–1993 Gastprofessor am Ar.Co - Centro de Arte e Comunicação Visual, Lissabon

2001 Lehrauftrag an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig

2003 Lehrauftrag an der California State University, Long Beach, Los Angeles

2007 Kunstpreis der Stadt Darmstadt (Wilhelm-Loth-Preis)

Lebt und arbeitet in Köln

Einzelausstellungen

2008 Mathildenhöhe Darmstadt »Erziehung zur Abstraktion«, 11. Mai bis 7. September 2008 / Altana Kulturstiftung Bad Homburg, »Hälfte des Lebens« 7. März bis 4. Mai 2008

2007 Kunsthalle Tübingen / Galerie Haas AG, Zürich / Galerie Haas und Fuchs, Berlin / Ben Brown Fine Arts, London

2006 Beck & Eggeling New Quarters, Düsseldorf / Haim Chanin Fine Arts, New York

2005 Museum Burg Wissem, Troisdorf / Galerie im Park, Burgdorf b. Bern und Zürich / Galerie Manupresse Klaus Gerrit Friese, Stuttgart (seither regelmäßig)

2004 Galerie Haas und Fuchs, Berlin (seither regelmäßig) / Städtische Galerie Haus Coburg, Delmenhorst

2003 Haim Chanin Fine Arts, New York / Museum Folkwang, Essen / BECK & EGGELING International Fine Art, Düsseldorf (seither regelmäßig)

2002 Kunstverein Mannheim, Mannheim

2000 Galerie Reckermann, Köln (seither regelmäßig) / Senate House - University Art Gallery, Liverpool / Galerie Frank Schlag und Cie., Düsseldorf

1999 Projektraum Auguststrasse / Galerie Mathias Kampl, Berlin / Kunstmuseum, Düsseldorf / Kunstbunker Tumulka, München

1998 Galerie Mathias Kampl, München (seither regelmäßig) / Wallraf-Richartz-Museum, Köln (im Rahmen von: »Lieblingsort: Köln«)

1994 Maak-Gallery, London / Aschenbach-Galerie (zusammen mit W.A. Scheffler), Amsterdam / Galerie der Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig / Galerie Kasten, Mannheim (seither regelmäßig) / Ursus books / Kaldewey Press (zusammen mit Felim Egan), New York

1993 Rheinisches Landesmuseum, Bonn / Galerie Konrad Mönter, Meerbusch b. Düsseldorf (seither regelmäßig) / Artothek, Köln

1991 Galerie Bodo Niemann, Berlin (ebenso 1993 und 1996)

1990 Städtisches Museum, Mülheim a.d. Ruhr / Galerie Ernst Hilger, Frankfurt/M. / Städtische Galerie, Museum Regensburg / Mannheimer Kunstverein, Mannheim

1989 Galerie Hans Barlach, Hamburg

1988 Galeria de Arte ARCADA, Lissabon / Goethe-Institut, Lissabon

1987 Städtisches Museum Schloß Morsbroich, Leverkusen

1986 Christine Colmant Galerie, Brüssel (ebenso 1988)

1985 Jürgen-Ponto-Stiftung (Dresdner Bank AG), Frankfurt/M.

1984 Galerie Janine Mautsch, Köln (regelmäßig bis 1997)

Ausstellungsbeteiligungen

2007 Neue Malerei, Museum im Prediger, Schwäbisch Gmünd / »Das schwarze Quadrat – Hommage an Malewitsch«, Hamburger Kunsthalle, Hamburg / »An die Natur«, ALTANA-Kulturstiftung, Bad Homburg / »Frisch gestrichen – Neue Malerei«, Museum Franz Gertsch, Burgdorf, Bern

2006 »Neue Malerei«, Museum Frieder Burda, Baden-Baden / »The Sublime Now!«, Museum Franz Gertsch, Burgdorf, Bern / »Artist Books for a Global World«, Chapin library and Williams College Museum of Art, Williamstown / »Gunnar A. Kaldewey: Artist Books for a Global World«, Four Collaborations in Depth (Lasker, Ottersbach, Tuttle, Vital), Mass MOCA, North Adams

2005 »Weltinnenräume« Die Sammlung Hanck, DG Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst e.V., München / »The fascination with the mechanical«, Galerie von Bartha, Basel / Bilderwechsel, Museum Frieder Burda, Baden-Baden / »Square«, Museum Ritter, Waldenbuch, Stuttgart

2004 Sammlung Hanck –Neuerwerbungen 1997-2004, Museum Kunst Palast, Düsseldorf / »Eröffnung«, Sammlung Frieder Burda / Kunsthalle, Baden-Baden / »Twenty-Four Living Artists in China«, White Space Beijing, Peking

2002 »Künstlerbücher«, Württembergische Landesbibliothek, Stuttgart / »Herbarium der Blicke«, Kunst und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn / »Zwischenspiele«, Galerie Reckermann, Köln / »Sammlung Hoppe-Ritter«, Museum Ettlingen, Ettlingen / »Der erste Blick«, Museum am Ostwall, Dortmund / Galerie Frank Schlag, Essen

2001 »Nicht Ruhe geben, bis die Erde quadratisch ist« (Slg. Hoppe-Ritter), Kath. Akademie, Freiburg / »Wertwechsel«, Museum für Angewandte Kunst, Köln / »Wirklichkeit in der Malerei«, Städt. Galerie, Haus Coburg, Delmenhorst / »Imago ex Machina«, Galerie Kampl, München / »Atelier - Landschaft«, Galerie Reckermann, Köln

1999 College of Creative Studies, University St. Barbara, California / »Artist Books-Kaldewey Press«, Nadiff Gallery, Tokio / »Metaformen. Dekonstruktivistische Positionen in Architektur und Kunst«, Kunsthalle Düsseldorf / »The Rocket Four« New York u.a. Städte / Dreams 1900-2000«, The Equitable Gallery New York, Historisches Museum der Stadt Wien, Wien / »Bis die Erde quadratisch ist«, Kunstverein Mannheim / »Off the shelf«, MOCA (Massachusetts Museum of Contemporary Art), North Adams / »366/2000«, Muka Gallery, Auckland u.a. Städte / »Printed matter« Museum Burg Wissem Troisdorf / Moratinstitut für Kunst und Kunstwissenschaft, Freiburg / University Art Gallery, Yale University, New Haven

1998 »Lieblingsort: Köln«, Köln / »Buch...Kunst 1«, (zusammen mit M. Kuball, J. Lasker u. N. Vital), Galerie Projekt -14, Stuttgart

1997 »Augenzeugen«, Die Sammlung Hanck, Kunstmuseum, Düsseldorf / »Deutschlandbilder«, Martin-Gropius-Bau, Berlin / Gothaer Kunstforum e.V., Köln (zusammen mit Ingrid Roscheck)

1996 »Landvermesser«, Kunstverein Mannheim / »Westchor-Ostportal«, Rheinisches Landesmuseum, Bonn / Kisch & Gadella Gallery, New York

1995 »Westchor-Ostportal–12 Positionen zeitgenössischer Kunst in Deutschland«, Marstall, Berlin / Kunsthalle, Dresden / »Holz/Schnitt«, Gothaer Kunstforum, Köln / Kunsthalle Dominikanerkirche, Osnabrück

1994 »Kaldewey Press New York - Künstlerbücher«, Deutsche Bibliothek, Frankfurt/M. und Leipzig