Im Tempel des IchDas Künstlerhaus als Gesamtkunstwerk – Europa und Amerika 1800-1948 -

2013 jährt sich zum 150. Mal der Geburtstag des Münchner Künstlerfürsten Franz von Stuck. Als einer der Protagonisten der Kunstszene um 1900 und als Vorreiter einer Avantgarde an der Schwelle vom 19. Jahrhundert in die Moderne gehört Stuck zu den bedeutenden Künstlerpersönlichkeiten Deutschlands. Aus diesem Anlass präsentiert das Museum Villa Stuck die Ausstellung »Im Tempel des Ich. Das Künstlerhaus als Gesamtkunstwerk«.

Die Villa Stuck als Künstlerhaus ist – Beispiel gebend – nicht nur höchster Ausdruck des Lebensgesamtkunstwerks des Künstlerfürsten Franz von Stuck, sondern auch sein schönstes Kunstwerk. In ihr vollendet sich sein Streben nach einer Vereinigung aller Künste. Für Stuck war seine antik anmutende Villa Kosmos und persönliches Pantheon, Inkarnation seiner Selbst und farbig lodernde Inspirationsquelle seines Schaffens. Damit steht sie für alles, was ein Künstlerhaus zu leisten vermag, weit über Repräsentation und Selbstdarstellung hinaus. Der 34-jährige Maler Franz von Stuck entwarf mit seiner Villa einen der ersten neoklassizistischen Bauten in freier schöpferischer Interpretation jenseits des architektonischen Regelkanons, außen puristisch, innen bisweilen märchenhaft opulent. Im Kampf der Stile zwischen Historismus und Jugendstil, sah Stuck in der Erneuerung aus der Antike, insbesondere der Archaik, die Zukunft der Moderne. Die Innovationskraft des jungen Künstlers Franz Stuck »schafft Stil, nimmt ihn nicht nur an« (O.J. Bierbaum, 1899). Von seinen Zeitgenossen wurde seine Villa deshalb als eine »moderne Sensation« gefeiert. In zukunftsweisender Lage an der Prinzregentenstraße, dem letzten groß angelegten Prachtboulevard Münchens, hat Stuck in der Verbindung von Architektur, Raumkunst und Design, Malerei und Plastik ein Haus vom Range eines Gesamtkunstwerks errichtet, das auch seiner Auseinandersetzung mit Philosophie, Archäologie und Naturwissenschaft Ausdruck verleiht.

Stuck fand dafür in München keine Vorbilder. Die Villen seiner Künstlerfreunde – am bekanntesten die von Franz von Lenbach und Friedrich August von Kaulbach – waren glanzvolle Paläste, Denkmäler der Vergangenheit, bei renommierten Architekten in Auftrag gegeben. Stucks Programm hingegen folgt internationalen Vorbildern wie den Häusern der Antikenmaler Lawrence Alma-Tadema und Frederic Leighton in London.

Der 150. Geburtstag Franz von Stucks bot Anlass, sich auf die Suche nach genau diesem besonderen Typus des Künstlerhauses in Deutschland, Europa und Amerika zu begeben. Die internationale Auswahl entspricht dabei dem internationalen Austausch der Künstler, der sich durch Ausstellungsbeteiligungen, Monografien, Reisen, Architekturzeitschriften und, seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, in einer neuen Generation von exzellenten Kunstzeitschriften vollzog.

Vor diesem Hintergrund beschreitet die Ausstellung »Im Tempel des Ich. Das Künstlerhaus als Gesamtkunstwerk« neue Wege. Nicht das Künstlerhaus als pittoresker Ort, an dem ein Künstler gelebt und gearbeitet hat, steht im Fokus, sondern der seltene Fall des Künstlerhauses als Gesamtkunstwerk.