Künstlerfest 1898Eine bedeutende Neuerwerbung und das 125-jährige Jubiläum der Einweihung der VILLA STUCK Ab 17.10.2023

Franz von Stuck (1863-1928), Künstlerfest 1898 (Doppelporträt Franz und Mary Stuck), 1898, Öl auf Papier, auf Holz kaschiert, im Originalrahmen, Museum Villa Stuck

Erworben mit Unterstützung des Vereins zur Förderung der Stiftung Villa Stuck e.V., der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Landeshauptstadt München

Dank der großzügigen Unterstützung durch den Verein zur Förderung der Stiftung Villa Stuck e.V., sowie die Ernst von Siemens Kunststiftung und die Landeshauptstadt München kann die im Museum VILLA STUCK beheimatete öffentliche Sammlung von Werken des Künstlerfürsten Franz von Stuck (1863 - 1928) auch dieses Jahr erweitert werden. Als Neuerwerbung bereichert das beeindruckende Gemälde „Künstlerfest 1898“, das anlässlich eines legendären Künstlerfestes im Königlichen Hoftheater im Jahr 1898 entstanden ist, die Sammlungen VILLA STUCK. Das Bild wurde der Öffentlichkeit und geladenen Gästen am 16. Oktober 2023 im Rahmen einer Feier in den Historischen Räumen der VILLA STUCK präsentiert und ist dort ab sofort zu sehen.

Franz von Stuck (1863-1928), Künstlerfest 1898 (Doppelporträt Franz und Mary Stuck), 1898, Öl auf Papier, auf Holz kaschiert, im Originalrahmen, Museum Villa Stuck
Franz und Mary von Stuck als Römerpaar anlässlich des Künstlerfestes „In Arkadien“1898, Fotografie Adolf Baumann, Nachlass Franz von Stuck
Josef Bühlmann, Bühnendekoration für das Künstlerfest "In Arkadien" 1898, Architekturmuseum der TU München
Franz von Stuck, Postkarte „In Arkadien – Künstlerfest 1898“, Museum Villa Stuck
Fritz von Ostini, VILLA STUCK, Darmstadt 1909, Sonderdruck der Innen-Dekoration, Museum Villa Stuck

Bei dem Bild, das eine bewegte Provenienzgeschichte aufweist, handelt es sich um ein seltenes Doppelporträt des berühmten Münchner Malerfürsten Franz von Stuck (1863-1928) und seiner New Yorker Ehefrau Mary Lindpaintner (geb. Hoose), mit der er seit Frühjahr 1897 verheiratet war und ab Oktober 1897 seine Künstlervilla erbaute. Franz von Stuck malte das Bild nach dem spektakulären Künstlerfest, das am 15./16. Februar 1898 im Königlichen Hoftheater (heute Bayerische Staatsoper und Residenztheater) unter dem Motto „In Arkadien“ stattfand und von der Münchner Secession sowie der Künstlergemeinschaft Allotria ausgerichtet wurde; es zog Besucher aus nah und fern an. 

Die führenden Künstler Münchens übernahmen die Planung, Stuck und seine Schüler entwarfen Kostüme nach Vorlagen antiker Kunst, der Bauhistoriker Prof. Josef Bühlmann entwarf das Bühnenbild als antikes Athen mit Akropolis, Pallasheiligtum und Propyläen unter einem Standbild der Pallas Athene, der Archäologe und Leiter der Glyptothek Adolf Furtwängler übernahm die Ausstattung des Festes. In einer aufwendigen Choreografie traten in Aufzügen Gruppen und Einzelfiguren zur Musik von Max Schillings vor und inmitten einer großen Schar von Festgästen auf; in den Worten von Hedwig Pringsheim „herrlichen Bildern Raum gebend, wahrhaft berauschend für das Auge.“

Als innovativer Erneuerer der Antike, der mit der Radikalität seiner frühen Werke das Kunstpublikum provozierte, war Stuck Protagonist einer sich im Umbruch befindlichen Kunstszene an der Schwelle vom 19. Jahrhundert in die europäische Moderne. Franz von Stuck und seine Frau Mary erscheinen in dem Bild antik kostümiert „mit Ehrenkränzen im Haar, sie mit dem Siegeslorbeer, Stuck selbst frisiert nach der Art römischer Kaiser, die Locke in die Stirn gekämmt, mit Efeu, dem Zeichen von Treue und Liebesglück, präsentieren sich Franz und Mary Stuck der Öffentlichkeit, als das neue „Imperatorenpaar“ der Münchner Kunstszene, siegreich und glückverheißend.“

Das Gemälde „Künstlerfest“ stellt eine ideale Ergänzung der größten öffentlichen Sammlung von Werken Franz von Stucks dar und eröffnet neue Perspektiven auf die Bedeutung Stucks als Erfinder eines Neoklassizismus, in dem sich symbolistische Malerei, Skulptur, Raumkunst und Architektur vereinen und damit einen weitaus größeren Einfluss auf die Künstler und Architekten der jüngeren Generation ausübte, als zunächst erwartet.

Provenienzgeschichte

Die Provenienzgeschichte ist ein beindruckendes Dokument Zeitgeschichte, sie ist nicht nur eine Folge von Ereignissen, sondern umfasst Menschen und ihre Schicksale und sollen deshalb von einer Erzählung begleitet werden. Die Provenienz des Gemäldes „gleicht“ darüber hinaus „einem enorm spannenden Raubkunstkrimi aus der Nachkriegszeit. Eine Rolle darin spielen jüdische Vorbesitzer und ihre Restitutionsansprüche, ein Großindustrieller, Verschleierungen, Falschaussagen, Etikettenschwindel und gefälschte Quittungen. Protagonisten sind der Frankfurter Kunsthändler des NS-Regimes, Wilhelm Ettle, der ins Vernichtungslager Treblinka deportierte und dort ermordete Sammler Paul Metz sowie der Central Collecting Point in Wiesbaden, dessen ermittelnde Kunstschutzbehörde durch den Film "Monuments Men" mit George Clooney weltbekannt wurde.“ (SZ vom 18.10.23)

Die Provenienz des Bildes ist lückenlos geklärt. Seine Erwerbung durch das Museum Villa Stuck erfolgte, frei von jeglichen Restitutionsansprüchen, im besten Einvernehmen mit den Erben des Frankfurter Fabrikanten Paul Metz, in dessen Besitz sich das Gemälde lange Zeit befunden hatte.

Weitere spannende Einblicke hat Peter Wehrle für Ketterer Kunst in "Provenienzforschung und Kunsthandel" herausgegeben. Der Beitrag von Katharina Thurmair beleuchtet als Fallbeispiel die Sammlung Paul Metz und den "Ettle Case". Nachzulesen unter folgendem Link: t3://file?uid=1501

125-jähriges Jubiläum

Anlass für die Feierlichkeiten am 16. Oktober 2023 ist aber nicht nur die Neuerwerbung des Gemäldes „Künstlerfest 1898“, sondern auch das 125-jährige Jubiläum der Einweihung der Villa Stuck, die nach Worten seines Schülers Pauls Klee als „moderne Sensation“ galt: Am 16. Oktober 1898 wurde das ehemalige Wohn- und Atelierhaus von Franz von Stuck, die VILLA STUCK, feierlich eingeweiht. Der Universalkünstler Franz von Stuck hatte das außergewöhnliche Haus, das höchster Ausdruck seines Lebens-Gesamtkunstwerkes ist, als 34-jähriger Maler, Grafiker und Bildhauer nach eigenen Entwürfen in den Jahren 1897/98 in der Äußeren Prinzregentenstraße auf einer damals weitgehend unbesiedelten Anhöhe Haidhausens unweit der Isar errichten lassen und es fortan zu Arbeits-, Wohn- und Repräsentationszwecken genutzt.

In Arkadien (Bericht in den Münchner Neuesten Nachrichten, 17.2.1898)

Wochenlang schien München nur noch in der Vorbereitung für das Künstlerfest zu leben; es warf sein Licht […] weit voraus und gab der Faschingszeit, die sonst in tausenderlei Einzelvergnügungen verläuft, den Boden eines gemeinsamen Interesses, gemeinsamer Erwartung und Vorarbeiten. Nun sind die paar festlichen Stunden verflogen, an Zahl weniger als die Wochen, die unsere Künstler ihrer Zurüstung geopfert, aber Alle, die das Fest miterlebt haben, werden einig darin sein, dass all' jene Mühe nicht verschwendet war und dass die höchsten Erwartungen erfüllt, ja übertroffen wurden. 

Neben den Hoffnungen fehlte es ja nicht an allerlei Bedenken: würden bei dem hohen Eintrittspreis sich wirklich weitere Kreise beteiligen können? würde die Antike, die uns nach der Meinung kluger Leute „so fern liegt", sich zur Losung eignen, die den Festjubel moderner Menschen entfesseln soll? Aber siehe da, eine Menge strömte zusammen, die sich in all' den weiten Räumen der beiden Theater eben noch verteilen konnte, ohne sich allzu sehr drängen zu müssen; und von all' diesen Menschen mochten wohl manche in der ersten Viertelstunde die beklommene Frage im Busen verschließen: „Stehn uns diese weiten Falten zu Gesichte wie den Alten" – aber rasch hatte sich Alles in Arkadien akklimatisiert und das Evoé-Rufen erklang, wie die Stunden fortschritten, fast gewohnter und frischer von den Lippen der Isar-Athener, als das entschieden nicht ganz so melodische Faschingsfeldgeschrei: „O Narr." 

Ob in dem unübersehbaren bunten Menschengewimmel Alles vor dem kritischen Blick des Archäologen Gnade gefunden, ist uns unbekannt und zweifelhaft, sicher aber, dass fast nichts das künstlerische Auge beleidigte. […] In seiner großen Ganzheit war dies Arkadien ein vornehmes Bild, umschlossen von einem glänzenden Rahmen. Schon vor dem Beginn des Festspiels bot der Zuschauerraum des großen Hauses einen prächtigen Anblick. Die Fülle des elektrischen Lichts, die noch gesteigert wurde durch einen Kronleuchter von Bogenlampen, lag blendend auf dem Weiß, Gold und Roth des Saales, dessen Restaurierung man gestern wieder als eine „rettende Tat" empfand; auf dem dunklen Grün und dem glitzernden Gold der Gewinde, die sich an den Brüstungen der beiden ersten Ränge herumzogen, auf dem mit gol-denen Sternen übersäten, von Blumengirlanden eingefassten Purpursamt, der die Mittelloge schmückte. Eine zweiteilige Freitreppe führte von der Mitte der Galerie noble in den Saal, seine Architektur bereichernd, und durch das malerische Gewoge der Hinauf- und Herabsteigenden das farbige Bild belebend. Punkt 8 Uhr erschien der Prinz-Regent in der Mittelloge: mit ihm wohnten fast sämtliche hier anwesende Mitglieder des königlichen Hauses dem festlichen Abend bei, die Prinzessinnen in glänzenden reichen Toiletten. Im Laufe des Abends sah man die Prinzen Ludwig, Rupprecht, Alfons, Konrad u.s.w. mit ihren Suiten in Maskenzeichen sich im Saale und auf der Bühne bewegen, wo sie zahlreiche Festgäste ansprachen und sich mit ihnen lebhaft unterhielten. Begrüßungsfanfaren erklangen beim Eintritt des Regenten, der, vom Publikum stürmisch begrüßt, sich öfter dankend verneigte; darauf eröffnete die feierlich-stimmungsvolle, von Karl v. Perfall eigens für das Künstlerfest komponierte Hymne den Abend. 

Dann nach kurzem Vorspiel hebt sich der Vorhang der Bühne. Eine antike Stadtanlage, von so tiefer Nacht bedeckt, dass wir kaum die schön ansteigenden Terrassen, die Säulen der ragenden Tempel zu erkennen vermögen. Vorn an den Bänken und Stufen kauert, Schlimmes sinnend, die unholde Schaar der Erinnyen. Aber Bacchus erscheint, der Freudespender, und verscheucht die Töchter der Nacht, die Sorgen und Zwietracht ausstreuen möchten. Bei seinen heilverkündenden Worten entweichen die Ungeschöpfe, und während er all' die erschienenen Gäste zu seinem Feste lädt und dann verschwindet, rötet der erste Tagschein die Giebel der Tempel: es ist die Akropolis von Athen, die wir vor uns aufsteigen sehen, überragt von dem goldschimmernden Bild der Stadtgöttin, deren Lanze, weithin funkelnd, einst dem Schiffer schon in die Ferne den ersten lichten Gruß Athens entgegensandte. – Und allmählig wird es heller und lebendiger auf der Bühne; Tänzerinnen und Krieger, Frauen und Jünglinge, ernste Philosophen und frohe Musikanten kommen nach und nach herbei, aus der Pergola vorn erschallt von den Lippen der Mädchen ein Tanzlied, dessen Goethe'sche Worte, von altertümlich anmutiger Weise getragen, sich dem ganzen Spiel so harmonisch anschmiegen. Und nun beginnt, feierlich und graziös, der Tanz, zu dem die Charitinnen selbst herabsteigen. Er wird rascher und feuriger und die fröhliche Teilnahme des umgebenden Volkes wächst. Da, um das Fest zu krönen, naht Dionysos auf's Neue; von der Freitreppe, die zu dem einen Tempel hinaufführt, ruft er die Menge an, gibt sich ihr als der Gott zu erkennen und mahnt sie, den Tag als sein Geschenk in bacchischer Freude zu genießen. Immer lauteren Jubel entfachen seine Worte, aus den Wäldern stürmt sein Gefolge, Bacchanten und Monaden, stürmt die bocksfüßige Schaar der lustigen Satyren herbei. Rasch ist Bacchus auf den fellbekleideten Thronsessel gehoben und wie von selbst hat sich der Festzug geordnet, der, den Gott mit sich führend, von der Bühne aus den ganzen Saal umkreist. Dies war der glanzvollste und hinreißendste Moment des Festes: […] Dem Tragsessel, auf dem Dionysos thronte, eilten die lärmenden Bacchanten voraus, ihm folgten gemessenen Schrittes die Priesterinnen, deren Schaar Würde und Anmut vereinigten, während die nach ihnen einher wandelnden Philosophen – Dionysos mit der Laterne natürlich der Populärste von ihnen – sich mehr auf die Würde beschränkten, in dieser Beschränkung aber sich als Meister zeigten. Dann folgt Orpheus, er führt die schönbekränzten Sängerinnen und die leicht gewandeten Tänzerinnen. Dahinter her ergießt sich der Strom des Volkes in buntem Gemisch, aus dem sich martialische Kriegergestalten gewaltig herausheben. Und nun die Menge der Fremden, in den Augen der echten Hellenen freilich Barbaren, aber für uns eine wundervolle Bereicherung des Bildes, besonders durch den Gegensatz, den die funkelnde starre Pracht der Ägypter, die Gravität der Assyrer zu der leichten Anmut der griechischen Gewandung bildet. Zum Beschluss, nach dem Triumphzuge der weltbefreienden Freude entfaltet noch der weltbezwingende Kapitalismus seine prunkvolle Macht in dem Zuge des goldenen Kalbes, der mit seinen phönizischen Kriegern, Musikern und Tänzerinnen in höchst wirksamen Kontrast zur hellenischen Welt das semitische Altertum verkörperte. […]

Mit der Rückkehr des Zuges auf die Bühne war das Festspiel zu Ende, ein harmonisches Ganzes in Wort, Ton und szenischer Gestaltung, das dem Abend erst seine volle Prägung und Stimmung gab. Benno Beckers schwungvoll-feierliche Dichtung war in ihrer einfachen Anlage die beste Basis für die Entfaltung alles dessen, was dies Festspiel gerade bringen sollte; Max Schillings gab in seiner Musik eine Schöpfung von ebenso eigenartigem, wie der Gelegenheit entsprechendem Charakter: der fremdartig altertümliche Wohllaut der Melodik, die schmeichelnden und kraftvollen Rhythmen für Tanz und Marsch übten eine eigentümlich suggerierende Wirkung aus. Gleich bei dieser Gelegenheit sei die treffliche Ausführung, die der Hymne und der Festspielmusik, dann aber auch den Tanzweisen durch die Musiker des Leib-Regiments unter ihrem bewährten Führer Max Högg zuteilwurde, mit dem gebührenden Lob erwähnt: Dirigent und Kapelle zeigten sich den teilweise recht schwierigen musikalischen Aufgaben völlig gewachsen. 

Als der Zug sich auflöste, strömte das Publikum, das bisher auf den Saal beschränkt war, zur Bühne hinüber. Bühne und Zuschauerraum waren nur ein mächtiger Raum, der auf allen Seiten einen prächtigen Gesamtanblick bot. Hatte man bisher das Bühnenbild in seiner feierlichen und glänzenden Pracht bewundert, so wurde nun erst die Bedeutung der ganzen Anlage für die weitere Entfaltung des Festes klar. Wie wundervoll gliederten sich für den, der im Saale stand, in ruhigen und bewegten Gruppen all die Menschen in der Pergola, auf den Bänken und namentlich auf der in Terrassen ansteigenden großen Treppe. […] Wer von den erhöhten Stellen der Bühne aus in den Saal blickte, der sah in ein wogendes, glitzerndes Farbenmeer, das, wenn der Tanz, „den festlichen Tag verschönend", die Paare beflügelte, seine Wellen rhythmisch zu heben und zu senken schien. Und dies nie ruhende Meer eingefasst von den Galerien, die, mit nicht minder farbenfroh gekleideten Zuschauern besetzt, den blütenbedeckten Terrassen eines im Kreis ansteigenden Ufers glichen. 

Die geniale Anordnung der Szenerie verdanken wir in erster Linie Franz v. Lenbach, der das Modell bis in's Kleinste selbst ausgearbeitet […] Die Rekonstruktion der antiken Bauten, vor Allem der Parthenon, ist das mühe- und verdienstvolle Werk Professor Bühlmanns. Auf's Glanzvollste hat sich wieder die dekorative Begabung Emanuel Seidls bewährt. Die so harmonische, im Sinne der ganzen Architektur des Zuschauerraums entwickelte Aus-schmückung des Saales im großen Theater ist der am meisten in's Auge fallende Theil seines Werks. […] Wie vornehm und prächtig war, um nur noch ein Beispiel zu nennen, der enge Gang dekoriert, der von der Bühne des Hoftheaters zu der das Residenztheater hinüberführt! Wenn man sich überall wohl fühlte, behaglich und gehoben zugleich, so war das zum wesentlichen Theil eine Folge der immer wechselnden, immer stilvollen Ausschmückung der einzelnen Räume, die alle ihre stark ausgeprägte Eigenart im Äußern, aber auch im ganzen Treiben, das sie füllte, auswiesen.

[…] Im Buffet und den anschließenden Weinstuben die ruhige Behaglichkeit der nach Trank, Speise und neuer Lust Bedürftigen: das rauschendste, fröhlichste Leben aber im Residenz-theater, wo die Geister des Rokokos ihre Daseinsfreude noch einmal auf die Menschen auszuströmen schienen, die hier tafelten und jubelten. Hier hatte sich der größte Theil des Festkomitees, das in den roten und goldenen Gewändern, mit den hohen bildgeschmückten Stäben sich so imposant ausnahm, zum Essen zusammengefunden. Eine Huldigung voll elementaren Schwunges wurde hier Franz v. Lenbach dargebracht, Schleier und Tücher wehten, die jüngsten Epheben und die weisesten Philosophen schwenkten ihre Kränze dem Meister zu und das „Evoé« Lenbach!" wollte kein Ende nehmen. Unter der Menge, die überall hin- und herwogte, auch nur die bekanntesten Namen aufzuzählen, wäre unmöglich. Dass an einem Künstlerfest in erster Linie alle Künstler teilnehmen, ist selbstverständlich, aber nicht minder, dass in der Kunststadt München eben „ganz München" teilnahm. Minister, Angehörige des diplomatischen Korps, eine Unzahl anderer Staats- und städtischer Beamten; die Gelehrtenwelt: die weitesten Kreise unserer kunst- und noch mehr künstlerfreundlichen Bevölkerung: last not least, die „Kinder des Hauses", die Schar unserer Bühnenkünstler. Aber nicht nur ganz München war da: es war geradezu ein internationales Fest. Aus allen Gegenden Deutschlands, ja von außerhalb der deutschen Grenzen, waren Schaulustige herbeigeeilt, um sich durch den Augenschein zu überzeugen, ob Münchner Leben und Münchner Kunst sich noch jenes in einer Blüte zusammenstrebenden Gedeihens erfreuen, das den Ruhm unserer Stadt begründet und gemehrt hat. 

Und auch diese Fremden werden finden, dass die Reise sich gelohnt hat, dass „so etwas doch nur in München möglich ist". Alles so bis in's Kleinste durchgedacht und durchgearbeitet, künstlerisch gestaltet, von den ebenso praktischen wie geschmackvollen Maskenzeichen an bis zu den verschiedenen Einladungskarten (von Julius Diez), an den humorvollen Künstlerfestkarten (von Oberländer, Kirchner, Hengeler) und den anderen Kleinigkeiten, die von den antiken Hausierern den guten Arkadiern feilgeboten wurden. Und all' die scheinbaren „Nebensachen", die für Leben und Stimmung eines Festes doch so wichtig sind: die Tombola mit ihren geschmackvollen und launigen Gewinnen — und Nieten, das delphische Orakel […] mit seinem ergötzlichen Frage- und Antwortspiel. 

Was wir uns auch in der Erinnerung zurückrufen, nirgends ein störender Eindruck, nur freudige, glänzende und lustige Bilder. Das Fest „in Arkadien" war mehr als ein Fest; es war eine Tat der einigen Münchner Künstlerschaft, für die jeder, der jene schönen Stunden miterlebt, unseren Künstlern dankbare Erinnerung bewahren wird.